Weitere Überlegungen zu den Aussageebenen |
Wenn der Sachverhalt, über den gesprochen wird, selbst schon ein Artefakt oder ein kulturelles System ist, dann ist die Aussage auf einen Wirklichkeitsmodus hin bezogen. Diese wurden in Lektion 6 dargelegt. Da zumindest die Wirklichkeitsmodi, die eine Verknüpfung mit O haben, insbesondere der Modus (O-O''), für unsere Wahrnehmung als 'Realität' erscheinen (z.B. ein Pullover), haben wir häufig die Einschätzung über Realität zu sprechen, wenn tatsächlich es sich um eine O''- oder auch O''''-Aussage handelt. ("Das Essen ist zu salzig" - ist das eine O-Aussage, eine O'-Aussage, eine O''-Aussage oder eine O''''-Aussage??). Eine O-Aussage kann sich also auf die Realität oder auf einen Wirklichkeitsmodus beziehen, bei dem die Realität zumindest in der Wahrnehmung des Autors oder auch des Rezipienten eine dominante Rolle innehat. Ein weiterer Fall einer
O-Aussage ist dann gegeben, wenn sich bei einer Aussage verschiedene
Aussageebenen zu einem Aussagemodus kombinieren, dieser aber
insbesondere an der Intention zu erkennen ist, über etwas
"Objektives", etwas tatsächlich Existierendes eine Aussage zu
machen. Dies ist 'denkbar' im Falle, dass O
den zentralen Anteil hat, wenn Aussagen also so 'zur Sprache' kommen, dass
ihre "objektive" Überprüfbarkeit gewährleistet ist. (O<O'): Als eine O-Aussage über O' ließen sich die Psychologie
inklusive Gehirnphysiologie und verwandte Felder darstellen. (O<O''): Eine O-Aussage über O'' wäre die Sprachwissenschaft,
aber auch mögliche Anteile der Verhaltensforschung. (O<O'''): Eine O-Aussage über O''' wäre eine überprüfbare
"Meinungsforschung", (O<O''''): eine O-Aussage über O'''' wären Teile der Soziologie,
der Verhaltensforschung, aber auch die Frage der Metasprachen (O<O'''''): eine O-Aussage über O''''' könnte dann die Frage nach
der Beeinflussbarkeit von Einstellungen beinhalten, möglicherweise auch als
Forschungsbereiche
der Religionswissenschaft, der Ethik, der Morallehre, (O<O''' '''): eine O-Aussage über O''' ''' wären dann Aussagen über
die Bedingungen, Möglichkeiten von Autonomie, oder auch des Gegenteils:
Unterwerfung, jemanden hörig machen;
Erpressung, Folter. . Jede Aussage wird aus der Vorstellungswelt des Autors geboren. Diese Vorstellungswelt ist deswegen grundsätzlich der Kern jeder Aussage. Das macht auch die Unterhaltung und den kulturellen Austausch interessant: wissen wollen was andere Menschen aus ihrer Position heraus zu den Dingen 'meinen'. Da ja die besondere Fähigkeit des Menschen darin besteht aus der Erfahrung anderer Menschen zu lernen, so ist dann auch dieses Lernen auf die andere Position angewiesen. Menschen die sich nicht für die Position anderer interessieren (und seien sie noch so 'merkwürdig') kreisen um sich selbst und sind nicht mehr lernfähig. Jede Position bezieht sich auf ein Gegenüber, auf eine Situation, auf ein Objekt, auf einen Zusammenhang. Demgemäss gibt es auch zwei Möglichkeiten eine Position zu bestimmen: die erste bestimmt die eigenen Position in Bezug auf den Gegenstand, die andere bezieht den Gegenstand auf die eigenen Position. Egozentrik oder Gegenstandszentrierung sind die beiden grundsätzlichen Möglichkeiten, die dann auch die Aussage bestimmen. Die Benennung ist nur möglich über Differenzierung. Ich muss den Zusammenhang der Wirklichkeit bezüglich ihrer Konstanten und Inkonstanten unterscheiden. Diese Unterscheidung, diese Grenzziehung, ist ein Akt dem Bewusstseins, und ist nicht identisch mit dem komplexen Zusammenhang der Wirklichkeit. Es handelt sich bei der Begriffsbildung um ein analytisches Verfahren. Gleichzeitig ist die Begriffsbildung jedoch auch ein synthetisches Verfahren, da sie Konstanten begrifflich so zur Anschauung bringt, dass in einem Begriff bereits Eigenschaften, und interne Zusammenhänge von Wirklichkeitselementen benannt werden. ("Baum" beinhaltet: Wurzel, Stamm, Äste, Zweige, Rinde, Blätter, etc.) Begriffe können jedoch nicht nur "Wirklichkeitskonstanten" zur Grundlage haben, sondern auch Relationen dieser Konstanten zueinander (der Begriff "Türe" birgt in sich auch das Gebäude und den Raum drinnen und draußen) und auch zu dem benennenden Subjekt zur Anschauung bringen ("schön"). Erst der "Text" kann diese vielfältigen Begriffsebenen wieder so miteinander verknüpfen, dass der ursprüngliche Zusammenhang erkennbar wird. (Und genauso wie Begriffe "unwahr" sein können, so können auch Texte "unwahr" sein d.h. sie bilden die Dinge so ab, wie sie dem Sinnzusammenhang des Menschen eben nicht entsprechen. Jede Kommunikation ist grundsätzlich auch auf Wirksamkeit hin angelegt. Der menschliche Geist bildet sich im Austausch mit dem Gedankengut anderer, so dass wir ein physiologisches Bedürfnis nach geistiger Nahrung haben. Die Aussageebene der Wirksamkeit kann deswegen auch grundsätzlich zwei Ausprägungen haben: Der Autor will, dass eine Sache ankommt ('Lehrer'), oder: der Autor will, dass er selbst über die Sache ankommt ('Star'). Die O''''-Aussage hat grundsätzlich einen Kultur-affirmativen Hintergrund. Dies ist kein Nachteil, da jede Kultur ihre Berechtigung hat, ja ohne Kultur gäbe es keine menschliche Gesellschaft. Kultur wird hier verstanden als das System von Regeln, Kommunikationsmöglichkeiten, Handlungszusammenhängen, Arbeitsteilungen, usw. In der marxistischen Theorie wurde der Begriff "Basis und Überbau" geprägt, wobei die Basis all das umfasst, was die materielle Grundlage einer Gesellschaft ausmacht, inklusive ihrer ökonomischen Verteilungsprinzipien der Arbeit und der Güter. Der Überbau ist das System von Regeln, affirmativen Ritualen, (Institutionen), Sprache, Kunst und Musik, die geeignet sind die Kultur zu stützen und zu erhalten. Der affirmative Charakter von Kulturen bringt immer auch einen gewissen Konservativismus mit sich, da es in erster Linie um den Erhalt, erst dann um Weiterentwicklung geht. Selbstverständlich gibt es (wie an anderen Stellen bereits ausgeführt) grundsätzlich auch Tendenzen, die die konkrete Kultur in Frage stellen, sie möglicherweise beseitigen möchten, um sie durch eine andere zu ersetzen. dann wird aber auch die neue Kultur daran interessiert sein, ihre eigenen Wertvorstellungen affirmativ zu untermauern, wie man z.B. in den Jahren nach der russischen Revolution den sozialistischen Realismus eingeführt hat. Von daher ist auch der Gedanke einer multikulturellen Gesellschaft äußerst fragwürdig, ob er gelingen kann, können doch die Überbauinstitutionen grundsätzlich nur einer kulturellen Vorstellung verpflichtet sein. (Man kann z.B. nicht gleichzeitig die Polygamie erlauben und die Monogamie wollen.) Im Bereich der der "Kultur" im Sinne von Literatur, Kunst und Musik ist eine Mischung der Kulturen sicherlich weitgehend vorstellbar. Man spricht gemeinhin Künstlern eine höhere Sensibilität zu, was die Wahrnehmung von zeitbezogenen Zusammenhängen und ein tieferes Eindringen in sonst verborgene Bewusstseinsbereiche anbelangt. Außerdem ist der Künstler Spezialist auf dem Gebiet der Sprachentwicklung und der damit verbundenen Erforschung der Zusammenhänge von Sprache und Wirklichkeit. Ein Künstler der sich deswegen nur affirmativ in die bestehende Kultur eingliedern würde (und z.B. mit allen Mitteln im Kunstmarkt reüssieren möchte), hat seine Aufgabe verfehlt, vielleicht ist er tatsächlich der gute Handwerker, der gute Auftragsarbeit leiten kann, aber Künstler in einem Sinne, wie ihn das 20. Jahrhundert definiert hat, wird er nicht sein. Es ist grundsätzlich die Aufgabe des Künstlers kritisch seine Zeit zu beleuchten, Brecht sagte einmal den Satz "...haltet das immerfort wiederkehrende nicht für natürlich...". Autonome Gesellschaften innerhalb einer Gesellschaft sind häufig Geheimbünde (Freimaurer z.B.), die in sich ihre eigenen Regeln und Normen haben. Hier gibt es auch eine Bildsprache, die diesem Bewusstheitsgrad Rechnung trägt. Für die Mitglieder des Bundes sind diese Zeichen ganz normale O''''-Aussagen, da sie die bestehenden Grundlagen affirmieren. Die O''' '''-Aussage ist dabei gekennzeichnet von der Tatsache, dass sie in prägnanter Weise einen selbstverständlichen affirmativen Charakter hat. Affirmativ allerdings nur für die, die sich auf der Bewusstheitsebene der Autonomie befinden. Meditationsobjekte in asiatisch/buddhistischen Kulturen (Mantras) gehören z.B. hierhin. |