Die eigene Meinung als die richtige aufzufassen, macht natürlich erst einmal jeder Menschen, bis man vielleicht über kulturelle Verhaltensmuster wie "Toleranz" andere Meinungen zumindest ertragen gelernt hat. Der "Kompromiss" ist schon fast ein Verrat an der eigenen Sache, er ist zwar notwendig, um mit anderen Menschen zusammenleben zu können, aber im "Kompromiss" steckt immer der Makel des nicht Halben und nicht Ganzen. Ganz raffiniert sind soziale Systeme, die sich "pluralistisch" nennen (Gesellschaftsform, in der verschiedene mehr oder weniger unabhängige gesellschaftliche Gruppen um sozialen und politischen Einfluss in Wettbewerb stehen). Man hat leider zugeben müssen, dass es Menschen gibt, die andere (falsche) Meinungen haben, da man aber mit diesen Menschen zusammenleben muss, versucht man sich, auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen, also die Ökonomie, und da ist man dann überhaupt nicht mehr pluralistisch, da ist der Euro für jeden gleichviel wert, und das "friss oder stirb" der sogenannten Marktwirtschaft duldet keine Alternative. Ansonsten darf jeder leben wir er will, "denn wir sind ja offen für alles". Auch die saloppe "Multi-kulti-Gesellschaft" macht da keine Ausnahme, solange multi-kulti chinesisch oder türkisch essen gehen heißt, ist das o.k., wenn aber damit verbunden ist, dass die eigenen Kinder von einem Mohammedaner in Biologie unterrichtet werden, hat man damit seine Schwierigkeiten. Nein, das hilflose "anything goes" oder auch das "laissez faire" ist entweder Zeichen der Überheblichkeit oder der Hilflosigkeit.
Ehrlicher sind da Konzepte wie "Globalisierung", die schlicht unsere Art der Ökonomie weltweit zum Maßstab macht, und auch da keine Alternative duldet.
Eigenartigerweise gibt es kaum politische Systeme (vielleicht die Agora der griechischen Klassik und heute die Schweizer Form der Demokratie), in der explizit gestritten wird um die richtige Meinung, in der tatsächlich Meinungen gebildet werden. Der produktive Streit wird heute verlagert auf die Ebene der "Meinungsmacher" die dann ihr Produkt auf den Markt werfen wie eine Ware, eine Ware, zu der die eigene Meinung heute verkommen zu sein scheint.