Prämisse: Außerhalb unseres menschlichen Bewusstseins gibt es eine Realität, die von unserem Bewusstsein unabhängig ist. (Der Gestaltpsychologe Metzger stellt dies dar als "Wirklichkeit im ersten Sinne", das außerhalb des menschlichen Bewusstseins Seiende, die "Natur".)
Diese Realität ist (soweit wir das wahrnehmen können) in ständiger Veränderung begriffen, die 'Elemente', die 'Bausteine' dieser Realität sind in ständiger Interaktion begriffen, durch diese Interaktionen entstehen immer neue Formen von "Wirklichkeiten".
Die Wirklichkeit wirkt.
Realität kann man sich vorstellen als amorph-situatives Kontinuum.
Das Bild vom Schmetterling auf einer Wiese in Frankreich, der durch seinen Flügelschlag in China einen Reissack umstürzen lässt, ist nur eine Denkhilfe, um sich die globale Vernetzung von allem mit allem menschenmöglich vorzustellen. Und dass "da etwas ist", zeigen die unterschiedlichsten Versuche, wissenschaftlicher bis hin zu esoterischer Art, nachzuweisen, dass Raum-, Materie- und Zeitgrenzen nur in unseren Köpfen existieren.
Vom Subjekt der Wahrnehmung aus, also aus der Perspektive unseres menschlichen Bewusstseins, sind diese Zusammenhänge 'objektiv', in dem Sinne, dass sie als etwas außerhalb von uns Existierendes wahrgenommen werden können.
Wir als Menschen sind in unserer Körperlichkeit und in der materiellen Beschaffenheit unserer neuronalen Struktur selbstverständlich auch Teil der Realität. Wir nehmen an den interaktiven Prozessen der Realität ebenso teil, wie alle anderen Elemente. Sehr viele Prozesse in und durch unsere Körperlichkeit geschehen deswegen normalerweise auch "ohne dass wir etwas davon mitkriegen". (Wir verdauen unsere Nahrung, wir hinterlassen Spuren, wir verbrauchen Sauerstoff etc...) Aber wir greifen auch ein in diese natürlichen Zusammenhänge, bauen Häuser und Strassen, betreiben Handel und durchdringen tief den Stoffwechselkreislauf der Natur. Wir werden sehen, dass dies bereits eine andere Wirklichkeitsebene ist.
'Realität' ist in der Zeichenkritischen Theorie ausschließlich Bezeichnung für den Teil der Wirklichkeit, der vom Menschen unbeeinflussbar ist, "so wie Gott sie geschaffen hat", es sind die Rohstoffe, die Abläufe der Natur, es ist Mikrokosmos und Makrokosmos in ihrer jeweiligen Unendlichkeit. Die dynamischen Prozesse in dieser Realität führen dazu, dass nichts gleich bleibt, alles ist in ständigem Fluss, Evolution und Jahreszeiten, Urknall und Wärmetod, leben und sterben sind ein paar Aspekte dieser unvorstellbaren Dynamik.
Sobald unsere Sinnesorgane und unser Gehirn aktiv werden, und die Informationen "von außen" - und dazu gehört eben auch unser eigener Körper - als bewusste Wahrnehmung verarbeiten und abbilden, ist diese Wahrnehmung nicht mehr identisch mit dem Wahrgenommenen. Es ist klar, dass die Realität sich nicht als solche in unserem Gehirn wiederfindet. Es findet eine Umformung, ein Übersetzungsvorgang statt, der im O-Modell als O' dargestellt wird.
Die Untersuchung der Übersetzungsvorgänge und damit auch der möglichen Differenzen zwischen dem Wahrgenommenen und der Realität des Wahrgenommenen (die - wie oben beschrieben - dann auch die Realität wieder erreichen in unseren bewussten Handlungen), sind Gegenstand der Zeichenkritischen Theorie und insbesondere des "O-Modells".