Bedeutung, Grundbegriff der Sprachwissenschaft und der philosophischen Semantik. Daneben spielt der Bedeutungsbegriff auch in anderen Disziplinen wie Soziologie, Psychologie und Biologie eine Rolle. In semantischen Theorien werden für Bedeutung auch die Begriffe Referenz, Sinn, Intension, Wort- oder Begriffsinhalt verwendet. Im angelsächsischen Sprachraum ist von meaning, reference, sense und content die Rede. Im Mittelpunkt der verschiedenen Bedeutungstheorien in Sprachwissenschaft und Philosophie steht das Verhältnis von Sprache, Denken und Wirklichkeit.

BEDEUTUNG IN DER REALISTISCHEN SEMANTIK 

Nach der realistischen Semantik besteht zwischen der Bedeutung eines Ausdrucks (oder Zeichens) und dem Sachverhalt, den der Ausdruck bezeichnet, eine feste Beziehung. Die Bedeutung von Ausdrücken liegt danach in ihrer Funktion, Sachverhalte zu bezeichnen. Damit ein Ausdruck zur Bezeichnung einer Sache verwendet werden kann, muss erst die Beziehung zwischen beiden festgelegt werden. Dies geschieht durch soziale Konvention. Dabei geht die realistische Semantik von der Funktion von Eigennamen aus, die dem bezeichneten Gegenstand eindeutig zugeordnet sind. Durch eine konventionelle Festsetzung der Beziehung von Ausdruck und bezeichnetem Sachverhalt, erhält ein Ausdruck somit seine Bedeutung. Als klassischer Vertreter gilt John Locke, als moderner Vertreter ist u. a. der amerikanische Logiker Saul Aaron Kripke zu nennen. Locke zufolge besteht die Bedeutung eines Ausdrucks darin, dass ein Sprecher einen Ausdruck mit seiner Vorstellung von dem bezeichneten Gegenstand verbindet. Die Problematik dieser Auffassung liegt zum einen darin, dass sie Bedeutung ausschließlich anhand einzelner Ausdrücke nach dem Vorbild von Eigennamen erklärt, zum anderen darin, dass sie nicht die interpersonale und intertemporale Invarianz von Ausdrücken berücksichtigt. Mit dieser Invarianz ist gemeint, dass derselbe Ausdruck mit derselben Bedeutung von verschiedenen Personen und ebenso zu unterschiedlichen Zeitpunkten verwendet und entsprechend verstanden werden kann. Gottlob Frege unterscheidet die Begriffe Sinn und Bedeutung. Die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks ist nach Frege der mit dem Ausdruck bezeichnete Gegenstand, während der Sinn diejenige Art und Weise ist, in der dieser Gegenstand gegeben ist. Frege nennt dafür das Beispiel der zwei Bezeichnungen für den Planeten Venus: Die Ausdrücke „Morgenstern” und „Abendstern” haben (in Freges Sprachgebrauch) die gleiche Bedeutung (nämlich die Venus), aber sie haben nicht den gleichen Sinn. Bedeutung wird bei Frege also mit einem abstrakten Gegenstand identifiziert. Einem vollständigen Satz entspricht jeweils ein Gedanke.

BEDEUTUNG IN DER PRAGMATISCHEN SEMANTIK 

Die zweite Gruppe philosophischer Bedeutungstheorien bilden die pragmatischen Semantiktheorien. Diesem Ansatz zufolge besteht die Bedeutung von Ausdrücken wesentlich in der Art und Weise, in der sie in konkreten Äußerungssituationen verwendet werden. Im Gebrauch von Ausdrücken, der jeweils in einer Sprachgemeinschaft allgemein verbindlichen Regeln folgt, liegt demnach die Bedeutung. Ludwig Wittgenstein spricht davon, dass die Bedeutung eines Ausdrucks sein „Gebrauch in der Sprache” ist. Der Grundgedanke der pragmatischen Semantik besteht darin, Sprache vor allem unter dem Aspekt des Handelns zu betrachten. Einzelne Redehandlungen bezeichnet man als Sprechakte. Indem wir sprechen, verfolgen wir mit unseren Sprechakten, die an bestimmte Adressaten gerichtet sind, jeweils ganz bestimmte Sprecherabsichten (Intentionen). Die Bedeutung von Ausdrücken besteht nun in eben der Weise, wie wir die Ausdrücke verwenden, um unsere Redeabsicht zu verwirklichen. Eine Variante der pragmatischen Semantik, die als Bedeutungsnominalismus bezeichnet wird, identifiziert Bedeutungen mit Sprecherintentionen innerhalb ganz konkreter Verständigungssituationen (oder kommunikativer Situationen). In dieser Theorie werden sprachliche Handlungen als der Versuch eines Sprechers verstanden, im Adressaten seiner Äußerung eine bestimmte Überzeugung zu erzeugen. Ludwig Wittgenstein entwirft in seinem Spätwerk, den Philosophischen Untersuchungen (1953), eine Theorie der Bedeutung, die verknüpft ist mit seiner Konzeption des Sprachspieles. Sprachliches Handeln, so Wittgensteins Grundidee, ist eingebettet in verschiedene komplexe Handlungszusammenhänge und Situationen, die er als Lebensformen kennzeichnet. Sofern sprachliche Handlungen wie Benennen, Fragen, Bitten, Witze erzählen etc. in soziale Situationen eingebunden sind, handelt es sich bei den Sprachhandlungen um Sprachspiele. Ausdrücke erhalten nun ihre Bedeutung dadurch, dass sie in Sprachspielen eine bestimmte Funktion erfüllen. Eine Theorie der Bedeutung, in der beide semantischen Aspekte; der Aspekt der Bezeichnungsfunktion und der Aspekt der Sprachverwendung miteinander verknüpft würden, steht bislang noch aus.

Autor: Jörg Hardy, Microsoft® Encarta® Professional 2002. © 1993-2001 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.


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