Allgemein
Um Bilder in ihrer Aussage und Bedeutung darzustellen gibt es seit alters her die unterschiedlichsten Herangehensweisen. Künstler, Kunsthistoriker, Kunstwissenschaftler, Soziologen, Sprachwissenschaftler, Philosophen haben immer wieder neue Ansätze entwickelt, um das Phänomen 'Kunst' in seiner Qualität erfassen zu können. Es ist nicht möglich, in diesem Kurs diese Ansätze alle zu würdigen. Wir werden uns im wesentlichen auf die Grundzüge semiotischer Herangehensweisen beschränken, davor aber einen sehr kurzen Überblick geben über andere Methoden. Dies soll dazu dienen, dass man sich den Blick dafür bewahrt, Kunstinterpretation immer als das wahrzunehmen,. was es ist: Kunstinterpretation spiegelt immer das Verständnis von Kunst wieder, welches eine bestimmte Zeit, eine bestimmte Interessenslage, eine bestimmte individuelle Orientierung mit sich bringt. 
Traditionelle ästhetische Theorien
Der Versuch zu bestimmen, was denn "das Schöne" sei, durchzieht die gesamte Philosophiegeschichte. Für die moderne Kunstwissenschaft waren besonders die Denker der deutschen Klassik wesentlich: Schiller, Goethe, Winkelmann. 

Den eigentlichen Grundstock zu einer Kunstgeschichte im heutigen Sinn legte Johann Joachim Winckelmann mit seiner Geschichte der Kunst des Altertums (1764): hier wird erstmals der systematische Versuch unternommen, die Kunst in einen historischen, religiösen und soziokulturellen Kontext einzubetten sowie ihre Ursprünge und Entwicklungsstränge nachzuzeichnen und Epochen nach Stilrichtungen abzugrenzen.

Danach folgten zahlreiche Werke mit kunsthistorischem Anspruch, darunter Johann Georg Herders Abhandlung über Plastik (1778), Goethes Versuch über die Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil (1789) und Johann Adolf Schlegels Die schönen Künste aus einem Grundsatz hergeleitet (1751, in Anlehnung an Charles Batteux’ Traité sur les beaux-arts réduits à un même principe, 1746). 

Wichtig waren auch die Kunstauffassungen der Romantik und des philosophischen Idealismus (Kant, Schelling, etc.). Vor allem bei Hegel gehen Ästhetik und kunsthistorische Entwicklung – zwei Bereiche, die sich später als Wissenschaftsdisziplinen voneinander emanzipierten – konform.


Literatur: Friedrich Schiller, "Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen", 1795; Immanuel Kants, "Die Kritik der Urteilskraft", 1790; Georg Wilhelm Friedrich Hegel, "Vorlesungen über Ästhetik" 1835; 
Stilgeschichtliche Methoden
Die Kunstgeschichte war immer voller Widersprüche und Spannungen. Allerdings kann man sich darüber leicht hinwegtäuschen, wenn man sein Wissen aus älteren Darstellungen der Geschichte der Kunst bezieht. Die Kunstgeschichte, wie sie sich im 19. Jahrhundert als Wissenschaft etabliert hat, zeichnete das harmonisierte Bild einer Abfolge von Stilepochen: Romanik, Gotik, Renaissance, Barock usw. Für das 19. und 20. Jahrhundert wurde eine Beschleunigung der Abfolge der Stile postuliert: Auf den Impressionismus folgen Expressionismus, Kubismus und viele weitere Strömungen, die allerdings oft nebeneinander her liefen. Vom Ende des Jahrhunderts der Moderne her gesehen, ist das Modell der Stilgeschichte fragwürdig geworden. Was sie beschrieb, ist genauer zu fassen als eine Ausdifferenzierung der Möglichkeiten der Kunst, als ein Prozess komplexer Wechselbeziehungen, bei dem auch ganz Gegensätzliches nebeneinander stehen kann. Die Begriffe der Epochenstile sind Abstraktionen, mit denen bestimmte Stilideale postuliert werden, die dann auf die jeweilige Epoche zurückprojiziert werden, und sie harmonisieren, indem sie alles als „untypisch” zur Seite schieben, was nicht in das Konzept des Epochenstils passt. Kunst als den einheitlichen, kohärenten und umfassenden Ausdruck einer Epoche, wie es die Stilgeschichte suggeriert, hat es nie gegeben. Die Kunstwerke in ihrer Verschiedenartigkeit und Fülle sind vielgestaltiger Ausdruck für die zu ihrer Zeit möglichen Sichtweisen der Welt, sind Antworten auf Fragen, die sich jeweils stellten, Gestaltungen des physischen und geistigen Lebensraumes, die eher gruppenspezifisch als allgemein gültig sind.

Die Stilgeschichte, die auch heute noch vertrauteste Form der zusammenfassenden Darstellung der Kunstgeschichte, ging von der Annahme aus, dass es den überzeitlich gültigen Begriff „wahre Kunst” gebe. Sie hat ihren eigenen Kunstanspruch einfach auf die Kunst vergangener Zeiten übertragen. Es ist aber nicht möglich, Kunstwerke wie ein mittelalterliches Reliquiar, ein impressionistisches Gemälde, eine dadaistische Collage und eine Happening-Aktion mit einem Begriff zu fassen. Zu fragen ist vielmehr, welcher Begriff von Kunst hinter dem jeweiligen Werk steht. 

Für den normalen "Kunstliebhaber" beschränkt sich der Umgang mit Kunst auch heute noch auf die Kenntnis von Stilen. Das Wiedererkennen von epochalen- und von individuellen Künstlerstilmerkmalen ist immer noch hervorragendes Zeichen eines "gutbürgerlichen" Kunstverständnisses.

Literatur: Werner Weisbach, "Die klassische Ideologie: Stilbegriffe und Stilphänomene", 1957; Friedrich Piel, "Der historische Stilbegriff und die Geschichtlichkeit der Kunst"1963; 
Ikonografisch-ikonologische Methode
Panofsky war einer der bedeutendsten Kunsthistoriker des 20. Jahrhunderts. Er entwickelte die von Aby Warburg begründete Ikonologie weiter, eine kunsthistorische Methode, die versucht, das einzelne Kunstwerk (etwa ein Fresko) im Gesamtkontext (etwa der Architektur einer Kirche) zu betrachten. Darüber hinaus schrieb Panofsky wichtige Studien zur Formengeschichte, zur Kunsttheorie und zur Ikonographie. Statt das Kunstwerk formal zu beschreiben, benutzte er zur Deutung zeitgenössisches literarisches und philosophisches Vergleichsmaterial sowie historische Darstellungen. Dabei galt sein besonderes Interesse dem Einfluss der Antike auf die Renaissance. 1964 erschienen Panofskys Aufsätze zu Grundfragen der Kunstwissenschaft, 1975 Sinn und Deutung in der bildenden Kunst. Wichtig war vor allem Panofskys Aufsatz Perspektive als symbolische Form.
Literatur: Erwin Panofsky, "Sinn und Deutung in der bildenden Kunst", 1975; E. Kaemmerlin, "Bildende Kunst als Zeichensystem. Bd. I Ikonografie und Ikonologie. Theorien, Entwicklung, Probleme, 1979;
Phänomenologische und hermeneutische Methoden
Phänomenologie (griechisch aus phainomenon und logos: Lehre von den Erscheinungen), philosophische Bewegung des 20. Jahrhunderts, welche die Strukturen von Erfahrung zu beschreiben versucht, wie sie sich selbst dem Bewusstsein darstellen, ohne dafür auf Theorien, Ableitungen oder Voraussetzung anderer Disziplinen, etwa der Naturwissenschaften, zurückzugreifen. 

Der Begründer der Phänomenologie, der deutsche Philosoph Edmund Husserl, führte den Begriff in seinem 1913 erschienenen Buch „Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie" ein. Husserl wandte späterhin seine Aufmerksamkeit ausschließlich jenen des menschlichen Bewusstseins zu, die er als einzigen Gegenstand der Phänomenologie ansah.

Husserl untersuchte verschiedene Aspekte des menschlichen Geistes, darunter die Erinnerung, das Wünschen und die Wahrnehmung. Dabei entdeckte er, dass diesen Tätigkeiten jeweils abstrakte Inhalte entsprechen, die Husserl Bedeutungen nannte. Diese ermöglichen es seines Erachtens, einen Akt unter einem ganz bestimmten Gesichtspunkt auf einen Gegenstand zu beziehen. Husserl belegte diesen Sachverhalt mit dem Begriff der Intentionalität, die er für den Schlüssel zur Bewusstseinsstruktur hielt. Transzendentale Phänomenologie befasst sich daher nach Husserl mit den grundlegenden Bestandteilen der Bedeutungen, auf denen ihrerseits die Intentionalität beruht.

Alle Phänomenologen stimmen mit Husserl darin überein, dass die Aufgabe der Phänomenologie in der Gewinnung „reiner", vorurteilsfreier Beschreibungen liegt. Husserls Schüler und brillantester Kritiker, Martin Heidegger, forderte, dass die Phänomenologie sich den verborgenen Strukturen der alltäglichen Lebenserfahrung zuwenden müsse. In seinem 1927 erschienenen Werk "Sein und Zeit" versuchte er, die Wesenszüge der Alltäglichkeit, besser des In-der-Welt-Seins, zu ermitteln. Diese bestehen seiner Analyse zufolge in einem pragmatischen Verweisungszusammenhang von „Zeug", „Handeln" und „Zwecken".

Der französische Philosoph Jean-Paul Sartre, ein führender Vertreter des Existentialismus, wollte Heideggers Phänomenologie als Bewusstseinsphilosophie fruchtbar machen und kehrte dabei letztlich zu Husserl zurück. Diesem stimmte er zwar darin zu, dass das Bewusstsein sich immer intentional auf eine Objektwelt richte, betonte aber, die Vermittlung zu dieser geschehe nicht ausschließlich durch die spezifischen geistigen Entitäten, die Husserlschen Bedeutungen.

Die Phänomenologie Husserls ist neben der Lebensphilosophie, der Existenzphilosophie und der Ontologie eine der vier großen, die Philosophie des 20. Jahrhunderts bestimmenden Strömungen. Und ihr Einfluss reicht weit über die philosophischen Fachgrenzen hinaus. Sie beeinflusste als Methode ganz wesentlich auch (u. a.) die Theologie, Soziologie, Psychologie, Psychiatrie und die Literaturkritik.

Hermeneutik (von griechisch hermeneuein: deuten, interpretieren), Lehre vom Verstehen, Auslegungskunst.

Im 19. Jahrhundert begriffen Philosophen wie Friedrich Schleiermacher und Wilhelm Dilthey das Verstehen als einen Vorgang der psychologischen Rekonstruktion: Im Akt des deutenden Lesens lege, so Schleiermacher, der Rezipient die ursprüngliche Absicht des Autors frei. Interpretation erscheint als Versuch, sich in die Lage des Autors hineinzuversetzen, um den schöpferischen Akt nachzuvollziehen und so den einzig möglichen Sinn des Kunstwerkes aufzudecken.

Im 20. Jahrhundert waren es Edmund Husserl, Martin Heidegger und sein Schüler Hans-Georg Gadamer, die eine Neuorientierung der philosophischen Hermeneutik im Sinn einer eher „offenen" Auslegekunst unternahmen. Verstehen ist demnach niemals nur durch das konkret-gegenwärtige Verhältnis des Subjekts zu dem Gegenstand seiner Betrachtung bestimmt, sondern Teil eines wirkungsgeschichtlichen Geschehens, das die historisch wandelbaren Gegebenheiten, den jeweiligen Horizont des Erkenntnisaktes, berücksichtigen muss. Der Bedeutungszusammenhang des zu Deutenden ist als vergangene Wirklichkeit dem Rezipienten nie wirklich zugänglich.

Ausgehend von Heidegger dehnte die Hermeneutik ihren Gegenstandsbereich auf das ganze Spektrum verstehender Erkenntnis aus, indem sie betonte, dass jegliche Form von Wissen letztlich auf Auslegung beruhen müsse.

Den Versuch einer Verknüpfung hermeneutischer Ansichten mit solchen des Strukturalismus unternimmt seit den siebziger Jahren verstärkt die auf Charles Sanders Peirce sich berufende kulturelle Semiotik Umberto Ecos.


Literatur: Hans-Georg Gadamer, "Zur Fragwürdigkeit des ästhetischen Bewusstseins", "Wahrheit und Methode", 1960; Martin Heidegger, "Holzwege", "Der Ursprung des Kunstwerks"; 
Pragmatismus
Der Pädagoge und Philosoph John Dewey, einer der bedeutendsten Vertreter des amerikanischen Pragmatismus, thematisiert Kunst als Steigerungsmodus von alltäglicher Erfahrung. Erfahrung konstituiert sich für ihn als „vollständige gegenseitige Durchdringung des Ich und der Welt der Dinge und Ereignisse”. Diese Durchdringung werde von ästhetischer Erfahrung potenziert und reflexiv eingeholt. Dewey vertritt in seinem ästhetischen Hauptwerk Kunst als Erfahrung (1934) die Ansicht, dass die alltägliche menschliche Erfahrung heterogen und fragmentarisch bleibt. Demgegenüber ist die ästhetische Erfahrung eine, die harmonisch sich selbst genügt; sie ist vollendet und in sich geschlossen. Von der Philosophie unterscheidet sich die Kunst dadurch, dass sie die Welt nicht erklärt, sondern Selbstverständlichkeiten abbaut: „Von der Philosophie sagt man, sie beginne beim Wunder und ende im Verstehen. Kunst nimmt ihren Ausgang beim Verstandenen und endet im Wunder”.
Literatur: John Dewey, "Kunst als Erfahrung", 1934;
marxistische, materialistische Methoden
In der marxistischen Literatursoziologie von György Lukács und seinen Anhängern kamen seit den dreißiger Jahren materialistisch-dialektische Methoden der Analyse zur Anwendung. Lukács setzte in seinen Arbeiten mit Hilfe der so genannten Widerspiegelungstheorie „Lebensformen” und „Kunstformen” in Beziehung. Seiner Auffassung nach können beispielsweise literarische Genres nur entstehen, „wenn typische und gesetzmäßig wiederkehrende allgemeine Lebenstatsachen entstanden sind, deren inhaltliche und formelle Eigenart sich in den bisher vorhandenen Formen nicht adäquat widerspiegeln können. Einer spezifischen Formgebung, einem Genre, muss eine spezifische Wahrheit des Lebens zugrunde liegen” (Der Historische Roman, 1955). 

Theodor W. Adorno thematisiert Kunst in ihrem Doppelcharakter als Ausdruck der Gesellschaft und als gegenüber der Gesellschaft transzendent. Kunst ist für Adorno immer mehr als ein bloßes Abbild gesellschaftlicher Verhältnisse, sie wird von ihm definiert als „gesellschaftliche Antithesis der Gesellschaft”. Sie steht für eine Rationalität eigener Art, die sich nicht restlos auf die Rationalität der gesellschaftlichen Praxis zurückführen lässt. In diesem Punkt unterscheidet sich Adorno von der Widerspiegelungsästhetik des orthodoxen Marxismus, wie sie etwa von Georg Lukács vertreten wird. Für Lukács, der im Gegensatz zu Adorno die abstrakte künstlerische Moderne ablehnt und am Realismus des 19. Jahrhunderts festhalten möchte, hat das Kunstwerk den Zweck, die „Totalität” sozialer und ökonomischer Gegebenheiten durchdringend abzubilden und so Voraussetzungen ihrer Überwindung bloßzulegen. Ihren angemessenen Ausdruck findet dieses Ziel für Lukács im sozialistischen Realismus, der die Kunst dem Projekt einer vernünftigen Einrichtung der Gesellschaft unterstellt. Adorno richtet sich demgegenüber massiv gegen jede Form der Indienstnahme von Kunst. Erst als gänzlich autonome, nur ihren eigenen Strukturgesetzen folgende, kann Kunst Erfahrungsmöglichkeiten eröffnen, die sich in einem viel grundsätzlicheren Sinne kritisch auf die gesellschaftliche Wirklichkeit beziehen lassen. 


Literatur: Walter Benjamin, "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit", 1936; Theodor W. Adorno, "Ästhetische Theorie", 1970; György Lucácz "Ästhetik, Teil I. Die Eigenart des Ästhetischen", 1963; 
Anthropologie - Soziologie
Die Soziologie beschäftigte sich zunächst hauptsächlich mit Theorien zum historischen Wandel sowie mit der Erforschung der Beziehungen und gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen Wirtschaft, Staat, Familie und Religion. Als wissenschaftliche Disziplin versuchte sie von Anfang an die Erkenntnisse der anderen Sozialwissenschaften in ein System zu integrieren.

Die Betonung empirischer Untersuchungen anhand statistischer Forschungsmethoden lenkte die Aufmerksamkeit von der abstrakten Ideenwelt der Gelehrten des 19. Jahrhunderts hin zu Teilbereichen der gesellschaftlichen Praxis.

Die ältesten Spezialdisziplinen der Soziologie sind jene, die sich auf soziale Phänomene konzentrieren, wie z. B. Ehe und Familie, soziale Ungleichheit und soziale Schichtenbildung, ethnische Beziehungen, abweichendes Verhalten, städtische Gemeinden und komplexe oder formale Organisationen. Neuere Unterbereiche untersuchen die sozialen Aspekte der Gerontologie und die Soziologie der Geschlechter und Geschlechterrollen.

Ein weiteres wichtiges Feld der Soziologie ist die Untersuchung der Sozialstruktur in institutionellen Bereichen: Politik, Recht, Religion, Erziehungswesen, Militär, Industrie, Wissenschaft und Massenmedien. Weitere Forschungsgebiete haben die soziologischen Aspekte von Sprache, Medizin, Wissenschaft und Kunst zum Gegenstand.

Literatur: Pierre Bourdieu, "Zur Soziologie der symbolischen Form", 1970; Arnold Gehlen, "Soziologischer Kommentar zur modernen Malerei", Merkur, Bd.122, 1958; Arnold Hauser, "Sozialgeschichte der Kunst und Architektur", 1953
Feministische Kunsttheorien
Feministische Linguistik, Teilgebiet der Soziolinguistik, welches das Verhältnis von Sprache und Geschlecht zum Gegenstand hat. Die feministische Linguistik entstand in der Folge der Frauenbewegung in den USA und hat sich seit den siebziger Jahren auch in den deutschsprachigen Ländern etabliert. Ziel der feministischen Linguistik ist es, Sprache in allen ihren Bereichen auf die Möglichkeit der Benachteiligung von Frauen hin zu untersuchen und gefundene diskriminierende Eigenschaften zu beseitigen. 

Mit ihren poststrukturalistischen Theorien einer von ihr so genannten Semanalyse lieferte Julia Kristeva (*1941, französische Literaturwissenschaftlerin, Psychoanalytikerin und Essayistin bulgarischer Herkunft), wichtige Beiträge zur Intertextualität und zur Semiotik generell.


Literatur: Julia Kristeva, "Séméiotikè. Recherches pour une sémanalyse", 1969; Renate Berger, "Malerinnen auf dem Weg ins 20.Jahrhundert", 1982;
Gestaltpsychologie
Die Gestaltpsychologie ist als eine empirische Theorie zu Aufklärung der Leistungen der Wahrnehmung entwickelt worden. 

Die gestaltpsychologische Ästhetik bezieht sich zur Erschließung des Kunstphänomens auf die Operationsweisen menschlicher Wahrnehmung und sprengt damit die monistische Verkürzung der  psychologischen Ästhetik auf, die vor allem durch die Einfühlungstheorie  Kunst auf das Gefühl und seine Darstellung beschränkt hatte. 

Die Struktur der wahrgenommenen Objekte ergibt sich aus der Organisation ihrer Teile, und diese Organisationsformen lassen Regelhaftigkeiten erkennen, die als Gestaltgesetze bezeichnet werden. Organisation lässt sich aber nicht in physische Reizdimensionen auflösen, sondern kommt als ein zusätzlicher Aspekt und Wahrnehmungsinhalt hinzu. Organisationen stellen sich ohne Zutun des Wahrnehmenden von selbst ein und lassen sich auch nicht intentional oder aufgrund von Erfahrungen ändern. Sie stellen damit automatische Leistungen des Wahrnehmungssystems dar.


Literatur: Rudolf Arnheim, "Kunst und Sehen. Eine Psychologie des schöpferischen Auges.", 1978 (1954)
Psychoanalytische Methoden
Der psychoanalytische Ansatz bei bildanalytischen Methoden zentriert die Frage nach den Bedingungen des künstlerischen Schaffens auf die unbewussten seelischen Vorgänge des Künstlers. Das Unbewusste dominiert die Gestaltung, Kunst und Kultur sind Sublimation. Dieser Ansatz geht von der These von "Kunst als der Wiederkehr des Verdrängten" aus. Wenn das Seelenleben aus Primärvorgängen des Unbewussten und aus Sekundärvorgängen des Vorbewussten und des Bewussten besteht, so ergibt sich aus dieser Freudschen Basisannahme die Unterscheidung zwischen einem manifesten und einem latenten Gehalt des Kunstwerkes. Das, was als Erscheinungsform, besonders was seine denotativen Inhalte betrifft, sichtbar wird, hat eine zweite, eher unsichtbare, latente, oder auch konnotative Ebene. Die Besonderheiten des motivlichen Zusammenhangs sind hier ebenso zu untersuchen, wie die Besonderheiten der gestalterischen Mittel. Da die Inhalte nicht denotativ erfassbar sind, hat natürlich auch der Betrachter die Tendenz seine eigenen unbewussten Projektionen mit dem Bildzusammenhang zu verknüpfen. Nur der Fachmann, so wird behauptet, könne diese Bildebenen "richtig" deuten. Dem Laien sind sie allenfalls in einer einfühlenden, empathischen Betrachtungsweise zugänglich.

Hier setzen auch die verschiedenen Richtungen der Kunsttherapie an: sichtbar machen von Unbewusstem ist das Ziel. Dies hat seine Berechtigung darin, dass das bildhafte Vorstellungsvermögen älter ist als verbal artikulierbare Vorstellungswelten. Man kann deswegen davon ausgehen, dass es weite Bereiche der Bildgestaltung gibt die dem bewussten "Gestaltungswollen" entzogen sind. Die Zeichenkritische Theorie beschreibt diesen Zusammenhang mit dem Werkzeug der "Tiefensymbolik".


Literatur: R. Kuhns, "Psychoanalytische Theorie als Kunstphilosophie", Sigmund Freud, "Bildende Kunst und Literatur", 1969; 
Einfühlungstheorie
Aus Hehlmann, "Psychologisches Wörterbuch", 1968: "Einfühlung, das Nacherleben fremden Seelenlebens, seit Fr. Th. Vischer und besonders Th. Lipps, Joh. Volkelt und K. Groos als psychologisch ästhetischer Grundbegriff von der einfachen oder praktischen Einfühlung unterschieden, ja gelegentlich als ästhetische Kategorie aufgefasst. Die Einfühlung muss als Teilgebiet des Verstehens betrachtet werden. Sie orientiert sich in erster Linie an den Ausdruckserscheinungen."

Interessant ist der Zusammenhang dieser Theorien mit dem Expressionismus. Die Künstler des blauen Reiters haben engen Kontakt mit Worringer gehabt.


Literatur: Wilhelm Worringer, "Abstraktion und Einfühlung", 1907; Johann Volkelt, "Das System der Ästhetik", drei Bände 1905-14; 
Strukturalistische Methoden der allgemeinen Sprachwissenschaft
In der deskriptiven Linguistik sammeln die Sprachwissenschaftler Material von Muttersprachlern und analysieren die Bestandteile dieser Sprache, indem sie das Material den einzelnen hierarchischen Ebenen der Sprache zuordnen: Phonologie, Morphologie und Syntax. Franz Boas und Edward Sapir entwickelten Methoden, um die unterscheidenden oder sinnvollen Laute einer Sprache und die kleinsten Einheiten von bedeutungstragenden Lautverbindungen (z. B. Wortwurzeln und Affixe) zu finden.

Der amerikanische Linguist Leonard Bloomfield befürwortete eine behavioristische Sprachanalyse, die semantische Erwägungen weitestgehend vermeidet. Er maß den Verfahren zur Entdeckung der Laut- und Grammatikstrukturen von nicht aufgezeichneten (Indianer-) Sprachen besondere Bedeutung zu. Systeme der Sprachanalyse wie das von Bloomfield werden als strukturalistisch bezeichnet.

Während sich der amerikanische Strukturalismus mit den Äußerungen der Rede beschäftigte, betonte der europäische Strukturalismus die der Sprache zugrunde liegende, abstrakte Struktur, die sich von den tatsächlichen Äußerungen der Sprache unterscheidet. Dieser Ansatz begann 1916 mit dem posthum veröffentlichten Werk des schweizerischen Linguisten Ferdinand de Saussure. Saussure unterschied zwischen den Konzepten der langue (französisch für „Sprache") und der parole („Rede"). Mit langue bezeichnete er das den Sprechern einer Sprache gemeinsame Wissen über die korrekte Grammatik dieser Sprache (Sprachsystem). Parole bezieht sich auf die tatsächlichen Äußerungen in einer Sprache.

In den dreißiger Jahren gingen die Vertreter einer anderen Form der Linguistik in Prag über die Sprachstruktur hinaus und versuchten, die Beziehung zwischen Rede und Kontext zu erklären. Die Linguisten der Prager Schule legten besonderen Wert auf die Funktion der Sprachelemente und betonten, dass eine Sprachbeschreibung auch etwas darüber aussagen muss, wie die Inhalte vermittelt werden. Nikolaj Trubezkoj entwickelte ein Konzept der distinktiven Merkmale, das die Phoneme als die kleinsten bedeutungsdifferenzierenden Einheiten einer Sprache definiert, dies gilt als bahnbrechende Leistung auf dem Gebiet der Phonologie.

In der Mitte des 20. Jahrhunderts stellte der amerikanische Linguist Noam Chomsky die These auf, dass Linguistik mehr sein sollte als die Beschreibung der Sprachstruktur. Sie sollte eine Erklärung dafür liefern, wie Sätze in allen Sprachen gedeutet und verstanden werden. Er nahm an, dass sich dieser Prozess durch eine Universalgrammatik der menschlichen Sprache (d. h. ein Modell oder eine Theorie des Sprachwissens oder der Kompetenz) erklären lässt. Mit Kompetenz ist das angeborene, oft unterbewusste Wissen gemeint, das es dem Menschen ermöglicht, Sätze zu erzeugen und zu verstehen, von denen er viele zuvor nicht kannte. Ein sprachanalytisches System, das es erlaubt, alle grammatisch richtigen Sätze einer Sprache zu generieren (erzeugen) und ungrammatische (falsche) Konstruktionen nicht zulässt, nennt man eine generative Grammatik. 

Strukturalistische Ansätze finden in der auf ästhetische Phänomene übertragenen Informationstheorie ihre Entsprechung. 


Literatur: C. von Lorck, "Grundstrukturen des Kunstwerks", 1926; "Wie erkenne ich das Kunstwerk?", 1941; 
Informationstheorie - Medientheorie
Die Informationstheorie ist eine selbstständige Wissenschaft, sie hat eine neue Technologie ermöglicht und sogar in der Logik Erweiterungen und neue Darstellungsweisen veranlasst. Ihr ursprüngliches Gebiet ist die Übermittlung von Nachrichten auf Grund der Anordnung und der geregelten Transformation der Anordnung einfachster Elemente. Damit ist in ganz direkter Weise ein Ansatz für eine ästhetische Problemstellung gegeben. 

I n der von Max Bense begründeten informationstheoretischen Ästhetik steht das Verhältnis von Wert und Zeichen im Mittelpunkt. Bense bemüht sich um die Einbeziehung kybernetischer, mathematischer und informationstheoretischer Denkfiguren in die Ästhetik, welche er als objektive Wissenschaft zu reformulieren sucht. Er begreift Ästhetik als Lehre von den mathematischen Grundlagen künstlerischer Schöpfungsprozesse. Ästhetische Zeichen werden darüber hinaus als mit mathematischen Methoden beschreibbare Träger von Informationen analysiert.


Literatur: A. Moles, "Informationelle Poetik. Strukturen der poetischen Nachricht. Empfindungsebenen", 1972; Max Bense, "Einführung in die informationstheoretische Ästhetik. Grundlegung und Anwendung in der Texttheorie", 1969; Marshall McLuhan "Understanding media, the extensions of man", 1964, ("Die magischen Kanäle", 1967);
Semiotik
Die Semiotik untersucht im Zusammenhang des Kommunikationsprozesses die Strecke, die den Rezipienten mit dem medialen Produkt verbindet. Der Rezipient eines indirekten Mediums erlebt als Gegenüber nur das Medium und nicht mehr den Autor. Der Autor ist auch nicht an der gegenwärtigen Rezeption des Mediums beteiligt (wie z.B. beim Telephonieren). Innerhalb dieses Kontextes untersucht die Semiotik verschiedene Dimensionen des Zeichenzusammenhanges: Syntax, Sigmatik, Semantik. Dazu kommt als zusätzliche, umfassende Dimension des Zeichens die "Intention", bzw. die Auswirkung/Wirkung auf den Betrachter, und zwar vom Produktionszusammenhang, ebenso wie vom Rezeptionszusammenhang her. Diese Dimension ist die Pragmatik. 

Die Semiotische Methode wird in dieser Lektion an anderer Stelle besonders vorgestellt.


Literatur: Roland Barthes, "Éléments de Sémiologie", Communications No.4, 1964; Max Bense, "Zeichen und Design. Semiotische Ästhetik", 1971; Umberto Eco, "Einführung in die Semiotik", 1972 (1968); Charles W. Morris, "Foundation of the theory of Signs", 1938; Erwin Panofsky, "Sinn und Deutung in der Bildenden Kunst" 1975 (1955);
Bedeutungstheorie
Die Bedeutungstheorie legt den Akzent der Untersuchungen darauf, dass es eine besondere Schwierigkeit darstellt, verbale Begriffe, mit denen man Bilder beschreiben muss, als Äquivalente für die Bildinhalte aufzufassen. "Die Grenze des Begriffs, lässt im Rückblick auf die Interpretationspotentiale moderner Kunsttheorien erkennen, zu welcher Vielfalt das Kunstphänomen gerade durch seine Übersetzung in den Diskurs aufgefächert wird." (Henrich/Iser S. 58) 
Literatur: Nelson Goodman, "Sprachen der Kunst. Ein Ansatz zu einer Symboltheorie", 1973 (1968);

Quellen: Microsoft Encarta Professional 2002; "Theorien der Kunst" Herausgegeben von Dieter Henrich und Wolfgang Iser, Suhrkamp 1982; Karl Georg Kaster, "Kunstgeschichtliche Terminologie", 1978; Udo Kultermann, "Kleine Geschichte der Kunsttheorie", 1998;

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