Die sprachsymbolische Darstellungstendenz
 

T. Rothermel, Studienarbeit, Klasse Gollwitzer, 1966

 

Wenn ein Bild vom der "sprachsymbolischen Darstellungstendenz" bestimmt wird, verweisen die bildnerischen Merkmale auf den historisch-zeitgeschichtlichen "Sprachcode". Dieser kann sich ebenso auf das „Motiv" wie auch auf die „Technik" beziehen. „In altmeisterlicher Manier gemalt" ist dabei ebenso ein Indiz für Sprachsymbolik wie die Bearbeitung eines bekannten kunstgeschichtlichen Themas oder Genres. Bezugspunkt ist in erster Linie eine kulturelle Darstellungsform, die ihre Wurzeln in den wie auch immer entstandenen kunstgeschichtlich nachweisbaren Stil- und Darstellungsformen hat. Die Bildsprache des Barock z.B. gehört hier ebenso her, wie die Lilie als Symbol der Reinheit Marias.

Als Zeichenaspekt äußert sich das Sprachsymbolische somit in unterschiedlichen handwerklichen und thematischen Verknüpfungen mit einem historisch kunstgeschichtlich relevanten Formenschatz der in der aktuellen Zeit von Belang ist.

Der Produzent einer bildnerischen Nachricht kann sich nie ganz aus dem kulturellen Code seiner Zeit entfernen, immer ist er, um irgendwie verständlich zu bleiben auf die Sprachformen angewiesen, die derzeitig verfügbar sind, und insbesondere auch auf deren Bedeutungsstruktur. Dies gilt dann in gleicher Weise für den Rezipienten. 

Für den Rezipienten stellt sich der sprachsymbolische Zeichenaspekt immer im Rahmen seiner kulturellen Sprachbeherrschung dar. Nur wenn er den kulturellen Code als solchen identifizieren kann, hat er Zugriff zum sprachsymbolischen ZA. Auf der anderen Seite ist der Rezipient auch immer (ohne sein Wissen und Zutun) von der sprachsymbolischen Wahrnehmung von Wirklichkeit bestimmt in den Bedeutungsverknüpfungen seiner

Wahrnehmungen. Der s-sy Zeichenaspekt prägt die Dominanzen der Wahrnehmung: durch die „Worte" die eine Kultur zur Verfügung stellt, wird auch der Begriffs- und Bedeutungshorizont des Menschen geprägt. Dabei nimmt der Rezipient die s-sy Ebene als Abbildung von Wirklichkeit im ikonischen Sinne wahr, und nicht als kulturelle Überlieferung oder als Zitat. Damit ist Sprache durch die sprachsymbolische Wahrnehmung von Wirklichkeit ebenso für Erkenntnis- und die Bewusstseinsprozesse (und damit für das Handeln) verantwortlich, wie O selbst. (In der ZKT ist deswegen O'' eine eigene Wirklichkeitsebene.)

 

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