Die individualsymbolische Darstellungstendenz
 

René Magritte, 

 

Der individualsymbolische Zeichenaspekt hat es in sich. Vom Autor aus sind es die ganz persönlichen und oft kaum dechiffrierbaren Eigenheiten, die den ganz charakteristischen Ausdruck des jeweiligen Künstlers ausmachen. Man kann dies unter den Begriffen "persönlicher Stil", Authentizität, das "Echte" fassen, aber auch als das nur den Eingeweihten Erfahrbare, insbesondere in der Bedeutungsstruktur der jeweiligen Bildgegenstände und syntaktischen Besonderheiten. Die Biografie des Künstlers, seine ganz persönliche Weltsicht ist Matrix für die individualsymbolische Umsetzung in sein Zeichensystem. Als Zeichenaspekt äußert sich diese Eigenart in den Abweichungen, die der Betrachter gegenüber seiner ihm bekannten Wahrnehmung von dargestellten Inhalten feststellt. Es lassen sich Unterschiede zu ikonischen Abbildungen feststellen, die darauf hinweisen, dass zwischen dem O' des Produzenten und dem O' des Rezipienten Unterschiede bestehen. Es lassen sich aber auch Unterschiede zu sprachsymbolischen Formulierungen erkennen, die den Betrachter auf den individuellen Umgang mit sprachlichen Codes verweist. Aus all dem ergibt sich dann der sog. "persönliche Stil" eines Malers, die Unverwechselbarkeit der individuellen Äußerungen und Wahrnehmungsperspektiven, von denen gerade die Sprache der bildenden Kunst so ungemein reich ist. Da dieser Zeichenaspekt jedoch differenziertes Wissen um die Eigenheiten des betreffenden Autors voraussetzt, ist die bewusste Wahrnehmung dieses Zeichenaspektes im Sinne des Autors eine Sache von "Kennern". Die sog. "Laien", aber sicherlich auch in großem Maße die "Fachleute", müssen da, wo diese Kenntnisse aus welchen Gründen auch immer nicht vorhanden sind, ihre eigene Individualsymbolik (als Rezeptionstendenz) auf die Rezeption dieses Werkes projizieren. Die Wissenslücken verleiten zur Spekulation, zur individuellen Anfärbung und "Deutung" des Werkes. Vermutungen können da geäußert werden, der "Geschmack" kommt hier zur Geltung, und oftmals entscheidet die ganz persönliche Individualsymbolik von Kunstbewertern über die berufliche Zukunft eines Malers oder eben auch anderer Medienproduzenten. Sind diese allerdings dem Autor wohlgesonnen, dann ist dies die Eintrittskarte dafür, dass das individuelle Vokabular und die individuelle Wahrnehmungstendenz des Autors als bildnerisches Modell sich verallgemeinern darf. Der jeweilige Autor wird dann z.B. Professor, oder er wird belohnt mit einen guten Marktwert, der andere Künstler wieder veranlasst, es ihm "ähnlich" tun zu wollen. Und - schwups - entsteht das, was man das "Sprachsymbolische" bezeichnen kann.

 

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