St. Pauli Stift
Visuelle Situation: Tilman
Rothermel
Klang: Malte Jaspersen
ein Projekt des BBK Bremen
In der Baustelle, die der Öffentlichkeit normalerweise nicht zugänglich ist, wird eine visuelle Situation von mehreren Bildelementen und einer Plastik in Zusammenhang mit Klang- und Lichtelementen gezeigt.
Das zukünftige St. Pauli Stift steht auf dem Grundstück der ehemaligen St. Pauli Kirche. Diese geschichtliche Verknüpfung soll zum Anlass genommen werden, die Relativität von Gegenwart, von Planung und Modell zum Gegenstand einer visuellen Verarbeitung zu machen.
Am Anfang eines Baues steht eine Idee. Abstrakt ist diese Idee, weil das elementare Bedürfnis des Menschen nach Behausung, nach Schutz, nach Wohlbefinden die Konkretion lenkt. Eine Baustelle ist ein Ort der zielgerichteten Tätigkeit. Sie ist damit eine besondere Form der Konkretion eines Prozesses und damit des Werdens und des sich Veränderns. Eine Baustelle ist von "Zukunft" geprägt. Alles auf und in der Baustelle soll gemäß dem Plan zur Realisierung kommen. Die innere Vorstellung des Planers, das Modell, der Plan steuert die Bewegungen auf einem Bau. Die Baustelle ist schon vollendet, ehe sie noch begonnen bzw. abgeschlossen wurde. Wenn das Gebäude fertig ist, ist die Baustelle tot.
Wenn man Glück hat findet man bei den Bauarbeiten Hinweise auf die Geschichte der Menschen, die früher dieses Grundstück bewohnt, bearbeitet haben. Meistens ist dies nicht so. Was vorher war, interessiert nicht mehr. Die Vergangenheit und der Prozess des Werdens sind wegbetoniert.
Die 'Baustelle' als ein Prozess der Konkretisierung des Weges vom Abstrakten zum Konkreten, ist auch Metapher für die Bildproduktion. Das Bild selbst ist eine "Baustelle" für Denk und Erlebnisprozesse, die auf Zukunft, bzw. Vergangenheit hinweisen. Wie der Prozess des Bauens, so ist auch der Prozess des Bildermachens in der Regel nicht öffentlich. Nur in ganz besonderen Momenten wird der Prozess transparent. Auch hier ist ein möglicher Zusammenhang, der sichtbar gemacht werden kann durch die visuelle Situation.
Meine bildnerischen Arbeiten bewegen sich zur Zeit im Kontext einer theoretischen Untersuchung des Feldes der abstrakten Darstellung. Ich verstehe dabei das Abstrakte, bzw. die abstrakte Wahrnehmung von Wirklichkeit als die der menschlichen Wahrnehmung innewohnende Möglichkeit, allgemeingültige, grundsätzliche, und damit ebenso selbstverständliche, 'existentielle Konstanten' wahrzunehmen. Das heißt z.B. auch "Selbstverständlichkeiten" der Wahrnehmung wie Zeit und Raum, Vergangenheit und Zukunft, Veränderung und Dauer.
Mein bildnerischer Versuch im Zusammenhang mit dieser Baustelle soll darin bestehen, ein sinnlich konkretes Begreifen des abstrakten Phänomens Zeit zu ermöglichen. Die Klanginstallation mit Tönen von Malte Jaspersen, Kioto, intensivieren diesen Eindruck.